So reduziert Ihr Eure Rückenschmerzen

Dieser Artikel soll Euch dabei helfen Rückenschmerzen zu verstehen und diese selbständig zu reduzieren oder im Optimalfall zu beheben. Es ist ein kleiner Auszug aus meinem Personal Training oder dem FirmenFitness Workshop zur betrieblichen Gesundheitsvorsorge.

Rückenschmerzen sind individuell. Jede Wirbelsäule ist individuell. Jeder Mensch ist individuell.

Jedoch leiden ca. 80% der Österreicher an dauerhaften oder gelegentlichen Rückenschmerzen. In den meisten Fällen (ebenfalls ca. 80%) handelt es sich um unspezifische Rückenschmerzen. Unspezifisch bedeutet, dass man hinter den Schmerzen keine eindeutige Erkrankung oder Verletzung erkennen kann.

Auch wenn Schmerzen und Schmerzsymptome unterschiedlich sind, sind die Ursachen oft dieselben. Und zwar vor allem vieles Sitzen bzw. generelle Inaktivität. Rückenschmerzen sind individuell und können unterschiedlichste Auswirkungen haben. Nichts desto trotz meine ich gibt es ein paar allgemeine Punkte die dem Großteil der Bevölkerung zu einem schmerzreduzierten oder schmerzfreien Leben verhelfen können. Diese sind:

  • Bewegung
  • Rückenmobilisierung
  • Rumpfkräftigung
  • „Korrektes“ Sitzen
  • Wiedererlangen der Hüftstreckfähigkeit
  • Geeignetes Schuhwerk verwenden

1. Bewegung

Leider wurde Bewegung immer mehr vom Sitzen abgelöst. Was vor vielen Jahren als tolle Weiterentwicklung galt wird uns heute zum Verhängnis. Übergewicht, Diabetes oder Rückenschmerzen sind nur 3 Erkrankungen die vor allem in den Industrieländern immer präsenter werden.

30 Minuten täglich

Es gibt Unmengen an Studien, welche zeigen wie positiv sich bereits 30 Minuten Bewegung am Tag auf unsere Gesundheit auswirken. Dazu auch ein Beispiel zum Energieverbrauch:
Ein 80kg Mann geht jeden Tag 2 Straßenbahnstationen (600m) zur und von der Arbeit zu Fuß. Das sind 1,2 km täglich. Das sind bei 250 Arbeitstagen 300km jährlich!! Dabei verbrennt er ca. 24.000 kcal. Das entspricht in der Theorie 3,3 kg Körperfett!! Zusätzlich stärkt er seine Ausdauer und senkt das Risiko für viele Krankheiten. Gar nicht so blöd oder?
Ein weiterer Grund für tägliche Bewegung ist die Reduktion von Rückenschmerzen. Denn Inaktivität ist der Tot für unsere Wirbel und Bandscheiben. Strukturen gehören (richtig) belastet und bewegt. Unsere Bandscheiben leben von Bewegung. Also bewegt Euch so viel wie möglich. Nutzt jede Gelegenheit um Euch zu bewegen. Egal ob es der Weg in die Arbeit, zum Supermarkt oder Treppen sind. Jede Bewegung ist besser als keine Bewegung!

2. Rückenmobilisierung

Nachdem Ihr jetzt mehr Bewegung in Euren Alltag integriert, ist es ebenso wichtig die Wirbelsäule in ihren Funktionen zu bewegen. Diese sind:

Beugung & Streckung

&

Rotation

Seitbeugung

Versucht diese 4 Übungen am besten täglich durchzuführen, z.B. nach dem Aufstehen. Achtet dabei natürlich immer auf saubere, schmerzfreie Bewegungen. 10 kontrollierte Bewegungen wären optimal. Aber auch hier gilt. Selbst ein paar Bewegungen sind besser als nichts 🙂

3. Rumpfkräftigung

Ein gesunder Rücken ist zugleich beweglich und stabil. Um die komplette Wirbelsäule zu stabilisieren sollten das lokale System (Tiefenmuskulatur) sowie das globale System (oberflächliche Muskulatur) trainiert werden.

Dazu zeige ich Euch jeweils eine Übung:

Lokales System (mehr dazu siehe hier)

Versucht hier so stabil wie möglich zu bleiben. Keine Gewichtsverlagerung & keine Bewegungen. Ihr solltet versuchen den kompletten Rumpf komplex zu stabilisieren. Diese Übung erscheint am Anfang häufig sehr leicht, da man oft noch nicht fähig ist die lokalen Muskeln zu aktivieren. Die Übung wird richtig ausgeführt, wenn sie anstrengend ist. Also konzentriert Euch ;).

Globales System, vordere Stabilität (mehr dazu siehe hier)

Der klassische Plank hilft Euch eine vordere Stabilität aufzubauen, um der Streckung in der Wirbelsäule und einem „nach vorne kippen“ des Beckens entgegenzuwirken. Achtet also auf eine neutrale Wirbelsäule. Eine Erleichterung wäre z.B. auf den Knie oder die Unterarme auf einer Couch. Übrigens eine gute Übung gegen Hohlkreuz (mehr dazu hier)

Globales System, hintere Stabilität (mehr dazu siehe hier)

Bei dieser statischen Übung wird auf einen stabilen Körper geachtet. Das um und auf spielen hier der Hintern und die Rückenstrecker. Zusätzlich kann das Gewicht leicht nach vorne und hinten (aus den Schultern) bewegt werden um etwas Instabilität zu erzeugen. Hier geht es darum, trotz des veränderten Hebels, einen Stabilen Körper zu halten.

Hip Hinge

Personen mit Rückenschmerzen haben sich oft falsche Bewegungsmuster angeeignet um Dinge vom Boden aufzuheben. Oft sind auch diese falschen Bewegungen Grund für Beschwerden oder sogar Bandscheibenvorfälle. Hier geht es darum währende der Bewegung eine stabile, neutrale Wirbelsäule zu halten. Ich sehe oft in Gyms, dass diese Wirbelsäulenposition übertrieben wird und es zu einer Überstreckung kommt. Ziel ist es aber wie erwähnt die neutrale Position zu halten. Also weder rund, noch überstreckt. Es gilt also, den korrekten hip hinge zu erlernen.

Dazu gibt es eine einfache Übung.

Stellt Euch aufrecht Schulterbreit hin. Greift mit einer Hand auf die unterste Position Eurer Rückenstrecker. Das sind diese 2 Wülste, die seitlich Eurer Wirbelsäule sind. Beugt Euch nun mit leichter Kniebeugung nach vorne und versucht diese Wülste so lange wie möglich zu spüren. Wenn diese verloren gehen, bedeutet das, dass Ihr einrundet, und Eure natürliche Wirbelsäulenposition verlässt. Das wollen wir nicht! Wenn diese Übung funktioniert, versucht, das selbe mit einer Kniebeuge. Das ist dann Eure neue Art Dinge vom Boden aufzuheben. Aus der Hüfte, den Knien, und einer stabilen Wirbelsäule.

Globales System, seitliche Stabilität (mehr dazu siehe hier)

Beim statischen side Plank geht es darum, der seitlichen Beugung der Wirbelsäule entgegenzuwirken.

4. „Korrektes“ Sitzen

Wir sitzen zu viel. Sitzen ist nicht gut. Punkt. Trotzdem müssen wir oft sitzen. Beim Arbeiten, Essen, Autofahren oder im Flieger.

Hier gibt es auch einige Punkte zu beachten um das Sitzen weniger schlecht zu machen

1. Sitzt so wenig wie möglich und bewegt Euch

Versucht, wenn möglich oft zu stehen oder euch zu Bewegen. Inaktivität ist der Tot für unseren Rücken, inaktives Sitzen sogar noch schlimmer. Versucht die selbe Sitzposition nicht länger als 30 Minuten zu halten (dynamisches Sitzen). Optimalerweise habt Ihr auch die Möglichkeit euren Schreibtisch hoch zu fahren um auch im Stehen zu arbeiten. Top!

2. Sitzt nicht krumm

Beim dynamischen Sitzen kann man auch gelegentlich krumm Sitzen, jedoch sollte das die Ausnahme sein. Versucht in der Regel aufrecht zu sitzen. Im Auto oder Flieger könnt Ihr Euch mit einem Pullover eine Lendenstütze basteln, welche das Einrunden im unteren Rücken (starke Bandscheibenbelastung) verhindern soll.

3. Bildschirmposition auf Augenhöhe

Ist der Bildschirm zu tief, ist es fast unmöglich keine Schmerzen zu bekommen. Stellt also deinen Bildschirm so ein, dass Euer Kopf gerade nach vorne schauen kann. Wird ein Laptop verwendet, besorgt Euch eine externe Tastatur und stellt ihn höher.

4. Mobilisierung (mehr dazu hier)

Optimalerweise führt Ihr die Übungen aus Punkt 2. (Rückenmobilisierung) stündlich durch. Da das aber kaum möglich ist, versucht zumindest Euch im Sitzen zu bewegen. Streckt Eure Wirbelsäule und bewegt Euren Kopf. Jede halbe Stunde folgende 4 Bewegungen:

5. Wiedererlangen der Hüftstreckfähigkeit (mehr dazu siehe hier)

Durch das viele Sitzen verlieren wir die Fähigkeit unsere Hüften komplett & richtig zu strecken. Dies führt aufgrund einer Kompensation des unteren Rückens, zu einer Überstreckung der Lendenwirbelsäule. Das passiert zum einen aufgrund einer versteiften Gelenkskapsel, zum anderen aufgrund eines schwachen m. Gluteus (Hintern) und „verkürzter“ Hüftbeuger. In der sitzenden Position wird der m. Gluteus ständig passiv gedehnt und verliert die Fähigkeit zur Kontraktion und schwächt ab. Die Hüftbeuger hingegen sind ständig in einer passiv verkürzten Position. Sie werden also schwach und „kurz“. Ich habe bereits angesprochen, dass man oft aufstehen sollte. Achtet hier darauf die Hüftstreckung zu forcieren indem Ihr Euren Hintern anspannt. Als zusätzliche Übungen eignen sich folgende:

Dehnung Hüftbeuger

Eine Dehnung sollte spürbar, aber nie schmerzhaft sein. Haltet jede Position 40-60 Sekunden. 1-3 Sätze täglich. Achtet auf ein stabiles (leicht nach hinten gekippt) Becken indem ihr Hintern und Bauch anspannt

Kräftigung Hintern (mehr dazu hier)

Hier geht es darum den Hintern zu aktivieren (motor control). Konzentriert Euch auf eine saubere Hüftstreckung. Wir wollen keine LWS Überstreckung!!! Position mindestens 40 Sekunden halten und so stark es geht Hintern zusammenzwicken

6. Geeignetes Schuhwerk verwenden

Ich halte mich Kurz. Schuhe mit hohen Absätzen sind schlecht. Stöckelschuhe, Laufschuhe, hohe Anzugschuhe, etc…

Diese Plantarflexion im Sprunggelenk führt zu einer Beugung in den Knien, was zu einer minder gestreckten Hüfte und zu einer überstreckten Lendenwirbelsäule führt (Hohlkreuz).

Versucht also so gut es geht darauf zu verzichten.

Um optimale Ergebnisse bzw. absolute Schmerzfreiheit zu erzielen sind oft weitere Maßnahmen wie individuelle Haltungskorrektur notwendig. Dies würde hier aber den Rahmen sprengen.

Ich hoffe ich konnte Euch mit diesem Artikel helfen Eure Rückenschmerzen in den Griff zu bekommen. Und denkt dran, jede (korrekte) Bewegung ist besser als keine Bewegung.

All the best, move smart