Dieser Artikel ist ein kleiner Auszug meines Vortrages der Netdoktor Gesundheitsmesse vom 23.11.2019
Eine Investition in Ihre Zukunft & Lebensqualität
Leitfaden wieso und wie man im Alter trainieren sollte für langfristige Gesundheit
Immer wieder höre ich von Bekannten oder Verwandten sie wären doch schon zu alt oder schwach, um mit dem Training zu beginnen. Und das ist absoluter Blödsinn. Denn das ist ca. so als würde man sagen, man wäre zu hungrig um etwas zu essen. Denn gerade wer alt oder schwach ist, muss trainieren um stärker zu werden oder zumindest dem Abbau entgegen zu wirken. Warum genau, und was Sie tun sollten, lest Ihr in diesem Artikel.
Sport und im Besonderen ein angepasstes, individuelles Krafttraining führt selbst im hohen Alter noch zu Muskelaufbau und Kraftsteigerung. Das wird von vielen Studien, und auch durch meine eigene Erfahrung, untermauert. Leider gilt für die Muskulatur „Use it or lose it“ und daher bauen wir ab dem 25. Lebensjahr an Muskulatur und Kraft ab. Doch zum Glück haben wir ein Wundermittel dagegen – das Krafttraining! Wichtig dabei ist aber unbedingt, dass man das Training individuell an jede Person anpasst. Denn ab einem gewissen Alter sind oft Beweglichkeit, Koordination und Antrieb nicht mit einem 20-Jährigen vergleichbar – logisch. Meist kommen dann noch chronische Verletzungen oder künstliche Gelenke dazu, welche das Training nicht vereinfachen. Daher kann ich hier auch keine allgemein gültigen Trainingspläne für jede Person angeben, sondern nur worauf zu achten ist, und was im Fokus stehen sollte.
Oben oder unten? Ihr habt die Wahl
Krafttraining
Krafttraining hat den größten Einfluss auf die Kraft von älteren Personen. Das ist klar. So konnten sie durch ein Krafttraining ihre Maximalkraft und Muskulatur um 6-37% steigern (vgl. Lopez et al., 2018). Aber nicht nur Kraft und Muskulatur profitieren davon, Krafttraining reduziert auch alle Risikofaktoren des metabolischen Syndroms (vgl. Winett & Ogletree, 2019). Der Review von Lai et al. aus 2018 zeigt, dass Krafttraining den größten Einfluss auf die Lebensqualität, Kraft & Leistung bei älteren Personen hat.
Sarkopenie: Der schleichende Muskelabbau
Sarkopenie bezeichnet den altersbedingten Verlust von Muskelmasse und -funktion, der bei Menschen ab etwa 50 Jahren beginnt und mit steigendem Alter zunimmt. Eine Studie im Journal of the American Geriatrics Society (2004) ergab, dass Menschen über 50 Jahre etwa 1-2% ihrer Muskelmasse pro Jahr verlieren, wenn sie nicht aktiv dagegen arbeiten. Dies führt zu einer Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit, beeinträchtigter Mobilität und einem erhöhten Risiko für Stürze.
Ebenso hat Krafttraining große Auswirkungen auf den passiven Bewegungsapparat, Ihre Knochen, Gelenke und Bänder profitieren stark vom Training. Ebenso Faszien und Sehnen.
Die Vorteile von Krafttraining auf die Knochengesundheit
Knochendichte und Osteoporose
Ein weiteres großes Problem im Alter ist der Verlust der Knochendichte, was zu Osteoporose und einem erhöhten Risiko für Frakturen führt. Frauen nach der Menopause sind besonders gefährdet. Studien haben gezeigt, dass Widerstandstraining die Knochendichte erhöhen kann. In einer wegweisenden Studie aus dem New England Journal of Medicine (1994) wurde festgestellt, dass postmenopausale Frauen, die ein Krafttraining über ein Jahr absolvierten, signifikante Verbesserungen in ihrer Knochendichte verzeichneten.
Rücken- & Gelenkschmerzen können ebenso wegtrainiert werden.
Verbesserung der Gelenkgesundheit und Reduktion von Arthrose-Symptomen
Gelenkschmerzen und Arthrose
Viele ältere Menschen leiden unter Arthrose, einer degenerativen Gelenkerkrankung, die zu Schmerzen und Steifheit führen kann. Es gibt jedoch Belege dafür, dass Krafttraining die Symptome der Arthrose lindern kann. Eine Studie im Journal of Rheumatology (2009) ergab, dass Menschen mit Kniearthrose, die regelmäßig Krafttraining betreiben, signifikant weniger Schmerzen und eine verbesserte Gelenkfunktion hatten.
Krafttraining trägt nicht nur zur körperlichen Fitness, sondern auch zur Langlebigkeit bei. Studien im European Journal of Preventive Cardiology (2018) legen nahe, dass Menschen, die regelmäßig Krafttraining betreiben, ein um 20-30% geringeres Risiko haben, an altersbedingten Krankheiten zu sterben.
Das bedeutet ganz einfach, Krafttraining lässt Euch länger, mit besserer Lebensqualität leben. Klingt gut, oder?
Ich würde Ihnen empfehlen einen guten Trainer aufzusuchen (Link zu Patrick Köhler) der mit Euch ein auf Euch abgestimmtes Training erstellt.
Ihr solltet 2-3 Krafttrainings pro Woche durchführen. Es sollte dabei der ganze Körper trainiert werden. Sinnvoll sind 2-3 Sätze pro Übung mit 12-20 Wiederholungen.
Koordination
Ein weiterer elementarer Bereich des Trainings ist das Koordinationstraining. Hier verwende ich gerne eine Koordinationsleiter (siehe Bild), oder verschiedene Übungen im Einbeinstand. An der Koordinationsleiter mag ich, dass zusätzlich die Gangsicherheit und Stabilität verbessert wird.
Denn auch für das Gehirn gilt „Use it or lose it“. Zum einen ist es wichtig das Gehirn immer wieder zu fordern, zum anderen gilt es auch die Propriozeption, mit z.B. Einbeinständen in Schuss zu halten.
Überkopfbeweglichkeit
Die Überkopfbeweglichkeit nimmt im Laufe des Lebens ab, auch aufgrund der Brustwirbelsäulen-Kyphosierung. Es gilt also im Besonderen die BWS-Strecker zu trainieren, als auch die Überkopfbeweglichkeit, zuerst am Boden, danach im Stand, gegen Wiederstand, bis hin zu Überkopf-Drücken.
Ausdauer
Zu guter Letzt ist noch die Ausdauer anzusprechen. Auf diese kann ich in meinen Trainings nicht ganz so gut eingehen, jedoch kann ich auch hierzu ein paar nützliche Tipps geben. Als Ausdauertraining eignet sich z.B. Radfahren, Nordic Walking oder Spazieren gehen.
Während Ausdauertraining häufig im Fokus steht, wenn es um die Herzgesundheit geht, hat auch Krafttraining signifikante kardiovaskuläre Vorteile. Eine Studie, die in der Journal of Strength and Conditioning Research (2012) veröffentlicht wurde, zeigte, dass regelmäßiges Krafttraining bei älteren Erwachsenen den Blutdruck senken und den Cholesterinspiegel verbessern kann.
Stoffwechsel und Insulinsensitivität
Krafttraining verbessert auch den Stoffwechsel und die Insulinsensitivität. Eine Studie aus dem Journal of Applied Physiology (2013) belegte, dass ältere Erwachsene, die mindestens dreimal pro Woche Krafttraining betrieben, eine um 30% verbesserte Insulinsensitivität aufwiesen. Dies kann das Risiko für Typ-2-Diabetes senken, eine Erkrankung, die besonders im Alter häufig auftritt.
Was die täglichen Schritte betrifft wären 8.000 Schritte täglich das Ziel, um Krankheiten vorzubeugen und lange gesund zu bleiben. Pro Woche sollten es entweder um die 100 Minuten intensives Ausdauertraining oder 250 Minuten moderates Ausdauertraining sein. Wichtig ist es, „gratis Bewegung“ anzunehmen wo es nur geht. Kurze Wege zu Fuß gehen, Aufzug nehmen, usw.
Psychologische und kognitive Vorteile
Neben den körperlichen Vorteilen wirkt sich Krafttraining auch positiv auf die kognitive Gesundheit aus. Eine Studie aus dem Journal of the American Medical Association (JAMA) (2015) zeigte, dass älteren Menschen, die ein Krafttrainingsprogramm absolvierten, eine verbesserte Gedächtnisleistung und eine höhere geistige Flexibilität zeigten. Die Stimulation des Gehirns durch körperliche Aktivität könnte neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer entgegenwirken.
Psychologische Vorteile
Krafttraining fördert auch das psychische Wohlbefinden, indem es das Selbstwertgefühl und die allgemeine Zufriedenheit erhöht. Eine Studie aus dem American Journal of Geriatric Psychiatry (2010) zeigte, dass ältere Erwachsene, die Krafttraining betrieben, eine signifikante Verringerung von Depressionen und Ängsten erfuhren. Der soziale Aspekt des Trainings sowie das Gefühl, physische Verbesserungen zu sehen, tragen zur positiven psychologischen Entwicklung bei.
Fazit
Man sieht, es ist nie zu spät um zu beginnen. Krafttraining im Alter ist weit mehr als nur ein Mittel zur Muskelstärkung. Es trägt zur allgemeinen Gesundheit bei, verbessert die Lebensqualität und wirkt vielen altersbedingten Erkrankungen entgegen. Die wissenschaftlichen Belege zeigen klar, dass Krafttraining ein essenzieller Bestandteil eines gesunden Alterungsprozesses ist. Ob zur Prävention von Stürzen, zur Linderung von Arthrose oder zur Verbesserung der kognitiven Funktionen – der Nutzen ist vielfältig. Wichtig ist, das Training sicher und schrittweise zu beginnen, um langfristig von den positiven Effekten zu profitieren. Gerade auch bei älteren Personen macht Training bzw. Krafttraining absolut Sinn, um Gesundheit, Selbständigkeit und Lebensqualität bis ins hohe Alter zu bewahren. Ich kann Euch nur ans Herz legen: Beginnt zu trainieren.
Sinnvoll wären dabei 2 Ganzkörpertrainings pro Woche, begleitet mit täglicher Bewegung von minimum 8.000 Schritten
Ich hoffe ich konnte Euch helfen,
In diesem Sinne…
train smart,
Patrick Köhler, Sportwissenschafter und Personal Trainer